Dienstag, April 30, 2024
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Wie sich Fake Videos zum Ukraine Krieg auf Social Media verbreiten

Als bekannt wurde, dass Russland in die Ukraine einmarschiert war, postete der Twitter-Nutzer @AndreyZhukovv ein Video von Gebäuden, die in Dunkelheit gehüllt waren. Ein heller Blitz erhellt den Himmel, gefolgt von einem lauten Knall. Der Nutzer beschrieb das Video mit einem Wort: Mariupol.

Das Video wurde innerhalb kurzer Zeit millionenfach aufgerufen. Da Mariupol eine Stadt im Südosten der Ukraine ist hat das Video viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen und wurde auch extrem oft kommentiert.

Doch das Video war irreführend, wie sich herausstellte. Eine Handvoll Twitter-Nutzer fand heraus, dass der am Mittwoch gepostete Clip in Wirklichkeit von einem älteren TikTok-Video stammt. Das Video vom Januar trug eine andere Bezeichnung auf Russisch: "Blitzeinschlag in ein Kraftwerk!"

Dieses Video hatte 6 Millionen Aufrufe, bevor Twitter es am Freitag wegen Verstoßes gegen seine Regeln vom Netz nahm. Quelle: twitter.com/@AndreyZhukovv

Am Freitag hatte Twitter das Video aufgrund von Verstößen gegen die Twitter-Regeln vom Netz genommen. Das Unternehmen hat Regeln gegen irreführende Inhalte, die es Nutzern verbieten, Inhalte mit falschem Kontext oder gefälschtem Material zu teilen. Der Schaden war jedoch bereits angerichtet. Bis zum Entfernen des Tweets durch Twitter wurde das Video bereits 6 Millionen Mal aufgerufen.

Die sozialen Medien werden schon lange von manipulierten und irreführenden Videos geplagt. Raffiniertere Fälschungen, so genannte Deep Fakes, nutzen künstliche Intelligenz, um Videos von Personen zu erstellen, die Aussagen machen, welche sie in Wirklichkeit nicht getätigt haben.

So sind die letzten Tage zahlreiche weitere Videos zur Russischen Invasion in der Ukraine aufgetaucht die sich als Fake erwiesen haben. Zusätzlich lassen sich einige Videos nicht zu 100 Prozent Verifizierung sodass eine Bewertung schwierig wird.

Weitere Beispiele von Fake News um den Ukraine Konflikt

Der zweite Tag des russischen Einmarsches in der Ukraine wurde von weiteren falschen oder irreführenden Bildern in den sozialen Medien begleitet, die angeblich von der Auseinandersetzung stammen.

Einige zeigen Militäraktionen aus älteren Konflikten, während sich andere virale Videos als schwierig zu verifizieren erwiesen haben.

Material aus Videospielen

Ein Videoclip, der von der BBC gesichtet wurde und nachweislich mehrere Jahre alt ist, wurde an einem Tag mehr als 27 Millionen Mal aufgerufen, während ein anderes Material aus einem Videospiel zeigte.

Die irreführenden Nachrichten stammen sowohl von "offiziellen" Quellen als auch von "normalen" Nutzern sozialer Medien.
Beispielsweise wurde ein Tweet vom verifizierten Konto des ukrainischen Verteidigungsministeriums gepostet.

Diese Aufnahmen eines Luftkampfes stammen in Wirklichkeit aus einem Videospiel. Bild: Twitter

Das Bildmaterial eines Luftkampfes wird von der Bildunterschrift "MiG-29 der Luftwaffe der Streitkräfte zerstört die 'unvergleichliche' Su-35 der russischen Besatzer" begleitet.

Dabei handelt es sich jedoch um Videospielmaterial aus dem Spiel "Digital Combat Simulator World". Es wäre nicht das erste Mal, dass Spielmaterial verwendet wird, um militärische Aktionen zu illustrieren.

Material aus anderen Konflikten

Ein weiterer Clip mit altem und falsch gekennzeichnetem Filmmaterial wurde auf der Video-Sharing-Plattform TikTok bereits über 18 Millionen Mal angesehen.

Angeblich zeigt es ukrainische Truppen, die sich auf einem Luftwaffenstützpunkt mit russischen Soldaten "messen".

Russische und ukrainische Truppen stehen sich gegenüber, allerdings schon 2014. Bild: Twitter

Zwar zeigt es eine Konfrontation zwischen ukrainischen und russischen Streitkräften, das Material stammt aber aus dem Jahre 2014 und wurde während der Annexion der Krim auf dem Luftwaffenstützpunkt Belbek in der Nähe von Sewastopol aufgenommen.

Video aus dem Syrien Krieg

Ein Video, das sowohl auf Facebook als auch auf Twitter von einem inoffiziellen Konto zur Unterstützung der ukrainischen Streitkräfte gepostet wurde, behauptet, die Zerstörung von russischem Militär und russischer Ausrüstung in der Ukraine zu zeigen, und zwar durch das Visier einer Drohne.

Das Videomaterial stammt aus dem Syrien Konflikt. Bild: Twitter

Tatsächlich handelt es sich aber um Aufnahmen aus Syrien aus dem Jahr 2020. In der neuen Version ist das Bild gespiegelt, vermutlich um eine Überprüfung mit Hilfe von Bildumkehr-Suchprogrammen zu verhindern. Der Twitter-Beitrag wurde anschließend gelöscht.

Russischer Luftangriff auf die Ukraine

Ein anderer, falsch gekennzeichneter Clip auf Twitter soll einen russischen Luftangriff auf die Ukraine zeigen der "eine Kettenreaktion im Kraftwerk von Luhansk ausgelöst hat".

angeblicher ussischer Luftangriff
Ein Angeblicher russischer Luftangriff. In Wirklichkeit handelt es sich um eine Explosion in Tianjin aus dem Jahre 2016. Bild: Twitter

Verschiedene Uploads des Clips wurden hunderttausende Male angesehen.

Dieses Video zeigt Aufnahmen der Explosionen vom 12. August 2015 in Tianjin in China, bei denen etwa 173 Menschen starben, als ein Container mit Chemikalien in einem Hafen explodierte. Auch hier wurden massiv Fake News verbreitet.

Erschreckend: Dieses Bild wurde auch in einer Sendung von Bild-TV eingeblendet, die über den Krieg in der Ukraine berichtet hat.

Bild hat den Fehler bereits behoben, aber an diesem Beispiel sieht man dass selbst große Medienhäuser oft auf Fake-Material hereinfallen.

Auch ein Mitglied der deutschen Identitären Bewegung und die Facebook-Seite von "Pegida Nederlands" veröffentlichten vergleichbare Posts. 

Russische Fallschirmjäger

Ein weiteres TikTok-Video wurde über 27,5 Millionen Mal angesehen und von Tausenden von Nutzern geteilt, die glaubten, es stamme aus der Ukraine.

Der Clip zeigt einige Männer in Militärkleidung, die auf Russisch schreien und lachen, während sie mit dem Fallschirm über Ackerland abspringen.

Absrpung russische Soldaten
TikTok Nutzer glaubten bei diesem Video handelt es sich um russische Fallschirmjäger die über der Ukraine abspringen. In Wahrheit handelt es sich hier um dein Video aus dem Jahre 2015. Bild: Tiktok

TikTok Nutzer haben wohl geglaubt, dass das Video russische Truppen zeigt, die an der Invasion teilnehmen.

Tatsächlich handelt es sich um Aufnahmen eines Mannes, der offenbar ein Mitglied der russischen Streitkräfte ist und die er 2015 auf seinen Instagram-Kanal hochgeladen hat.

Er lud das alte Material am 24. Februar, dem Tag der russischen Invasion in der Ukraine, auf seinen TikTok-Kanal hoch, so dass die Betrachter dachten, es handele sich um Material aus dem Konflikt.

Raketenbeschuss im Ukraine Krieg

Auf Twitter ist weiteres altes Material aufgetaucht, darunter das Video eines Raketenbeschusses, das den Anschein erweckt, es sei im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg entstanden.

Dieses Video stammt in Wirklichkeit aus dem Jahr 2018. Bild: twitter.com/@Shayan86

Tatsächlich stammt das Video allerdings aus dem Jahr 2018 und zeigt ein Sperrfeuer, das von Mehrfachraketenwerfern (MLRS) abgefeuert wurde.

Nicht verifizierbares Bildmaterial

In einigen Fällen ist es unmöglich, den Wahrheitsgehalt eines viralen Posts zu überprüfen.

Ein Beispiel ist das Video einer Rakete, die von einem niedrig fliegenden Jet auf ein Wohngebiet in Kiew abgefeuert worden soll.

Einige Videos lassen sich nicht verifizieren. Quelle: Twitter

Das Bildmaterial wurde auf Twitter mehr als zwei Millionen Mal angesehen. Allerdings ist das Flugzeug zu schnell unterwegs und das Video ist von zu schlechter Qualität, um zu verifizieren, zu welcher Streitkraft das Flugzeug gehört.

Zudem ist umstritten, ob das Wohngebiet absichtlich angegriffen wurde oder ob die Rakete irrtümlich abgefeuert wurde.

Auch über die Identität und Absicht des Flugzeugs gibt es widersprüchliche Angaben.

So erkennst du Fake Videos

Statt Bilder oder Videos für bare Münze zu nehmen, kannst du versuchen, sie selbst auf ihre Echtheit hin zu überprüfen. Dazu gibt es einige Onlinetools dir dir helfen können ein Bild oder Video auf seine Echtheit zu prüfen.

Nachfolgend zeigen wir dir 5 Schritte dir dir helfen Fake News zu entlarven:

Schau dir Faktenchecks an

Organisationen wie die australische Associated Press, RMIT/ABC, Agence France-Presse (AFP) und Bellingcat führen Listen mit Faktenchecks, die sie selbst durchgeführt haben.

Die AFP hat bereits ein Video widerlegt, das angeblich eine Explosion aus dem aktuellen Konflikt in der Ukraine zeigt und tatsächlich von der Hafenkatastrophe 2020 in Beirut stammt.

Auch im deutschsprachigen Raum findest du Faktenchecks zu Fake News. Ein Beispiel wäre die Plattform Correctiv.org.

Prüfe die Metadaten

Auch das Prüfen der Metadaten kann dir Aufschluss darüber geben woher ein Video oder Bild stammt.

Um die Metadaten selbst zu überprüfen, kannst du die Datei herunterladen und sie mit Software wie Adobe Photoshop oder Bridge untersuchen. Es gibt auch Online-Metadaten-Viewer, mit denen du die Metadaten über den Weblink des Bildes überprüfen kannst.

Ein Beispiel eines solchen Onlinedienstes wäre MetaData2Go:

Auf MetaData2Go kannst du die Metadaten eines Bilder oder Videos ganz einfach prüfen. Bild: techpill.de

Allerdings entfernen soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter oft die Metadaten von Fotos und Videos, wenn sie auf ihre Seiten hochgeladen werden. In diesen Fällen kannst du versuchen, die Originaldatei anzufordern oder auf Faktencheck-Websites nachzuschauen, ob sie das fragliche Bildmaterial bereits verifiziert haben.

Prüfe Videos & Bilder nach Ungereimtheiten

Stimmt die angebliche Tageszeit mit der Richtung des Lichts überein, die du zu dieser Zeit erwarten würdest? Stimmen die auf dem Bild sichtbaren Uhren mit der behaupteten Zeitlinie überein? Sind die Bilder so entstanden wie es behauptet wird?

Du kannst Bilder mit einem scharfen Auge auch selbst auf Ungereimtheiten und Fehler überprüfen, um herauszufinden, ob es sich hier um Fake News handeln könnte.

Bilder Rückwärts-Suche

Wenn alter Inhalt recycelt und wiederverwendet wurde, kannst du vielleicht dasselbe Bildmaterial an anderer Stelle finden. Mithilfe von Google Images oder TinEye kannst du eine "umgekehrte Bildersuche" durchführen und sehen, wo das Bild sonst noch online erscheint.

Mit Tools wie TinEye kannst du eine Bilder-Suche durchführen. Screenshot: techpill.de

Sei dir aber bewusst, dass einfache Bearbeitungen wie das Umkehren der Links-Rechts-Ausrichtung eines Bildes Suchmaschinen täuschen und sie glauben lassen können, dass das gespiegelte Bild ein neues ist.

Hinterfrage Informationen und Bildmaterial

Weißt du, wo, wann und warum das Foto oder Video gemacht wurde? Weißt du, wer es gemacht hat und ob das, was du siehst, die Originalversion ist?

Mit Online-Tools wie Forensically kannst du einige dieser Fragen beantworten.

Grundsätzlich gilt: Wenn du Zweifel hast, solltest du keine Behauptungen teilen oder weitergeben, die nicht von einer seriösen Quelle wie einer internationalen Nachrichtenorganisation veröffentlicht wurden.

So kannst du dazu beitragen, den Einfluss von Fehlinformationen einzuschränken und die tatsächliche Situation in der Ukraine zu klären.

Martin
Martinhttps://techpill.de
Martin ist leidenschaftlicher Technikfreak und beschäftigt sich am liebsten mit Smartphones und Tablets. Am liebsten berichtet Martin über aktuelle Leaks und News rund um den Smarpthone Bereich.

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